Bericht: Lord of the Lost – Thornstar Tour – Essigfabrik Köln – 12.10.2018

Bericht: Lord of the Lost – Thornstar Tour – Essigfabrik Köln – 12.10.2018

„Dieser Tourabschnitt war auf Messers Schneide“ – dies sagte Chris Harms im Laufe des Konzerts von Lord of the Lost am 12.10.2018 in der Essigfabrik Köln zu seinem Publikum. Warum das so war, konnte jeder sehen: der orange eingefasste Gips am rechten Arm des Sängers leuchtete schließlich kräftig genug. Ein Unfall zwischen den Tourblöcken hätte fast das Aus für diesen Abschnitt bedeutet, doch Chris „The Lord“ Harms gibt offensichtlich alles für seine Fans. Und so ließ er sich von dieser kleinen Lappalie nicht davon abhalten, doch weiter auf Tour zu gehen. Ohne jegliche Einbußen was Kraft, Power und Ausdauer der 2-stündigen Bühnenperformance angeht.

Bericht: Lord of the Lost - Thornstar Tour - Essigfabrik Köln - 12.10.2018Die Hamburger Band kann mittlerweile auf eine 10-jährige Geschichte zurückblicken, in der sie sich verschiedenen Kritiken und Personalwechseln ausgesetzt sahen. Es mag am norddeutschen Sturkopf liegen, aber Chris Harms blieb hartnäckig bei der Sache, Lord of the Lost entwickelte sich stetig weiter und der Erfolg spricht Bände: nicht nur freuen sich die Jungs über eine stetig wachsende Fangemeinde, diese führt auch dazu, dass sowohl das Album „Empyrean“ als auch das neuste Machwerk „Thornstar“ die erfolgreichsten Alben in der bisherigen Bandgeschichte sind. Dass die Band dies nicht als selbstverständlich ansieht sondern genau weiß, wem sie das zu verdanken hat, zeigt sie durch ihre Fannähe und ihre schlicht wahnsinnig tollen Auftritte.

Der Konzerttag in Köln begann allerdings erst mal etwas ruhiger: nämlich mit warten bei „bestem Warteschlangen-Wetter“ wie ein Fan vor der Essigfabrik feststellte. Ab 18 Uhr trudelten hier nach und nach immer mehr Fans ein, so dass die Warteschlange bei Einlass um 19 Uhr bereits eine beträchtliche Länge angenommen hatte. Hatten die Lords ein paar Tage zuvor noch befürchtet, sie könnten die Essigfabrik nicht füllen, konnte man diese Befürchtungen direkt in den Wind schießen, denn schon zum Support-Act Scarlet Dorn war der Saal zu etwa dreiviertel gefüllt.

Bericht: Lord of the Lost - Thornstar Tour - Essigfabrik Köln - 12.10.2018

Chris ließ es sich nicht nehmen, seinen Schützling persönlich anzukündigen. Schließlich steckt auch sein Herzblut in dieser Band, die von ihm entdeckt und gefördert wurde. Vor zwei Jahre begann der Weg von Scarlet Dorn, im August diesen Jahren veröffentlichte sie ihr Debüt-Album und ein Ende ist längst noch nicht in Sicht. Bühnenerfahrung konnte diese junge Band, bei der auch Lord of the Lost Keyboarder Gared Dirge mitwirkt, bereits als Support verschiedener anderer Künstler wie Letzte Instanz sammeln. Und von der anfänglichen Unsicherheit war an diesem Abend überhaupt nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil: Scarlet Dorn bewegte sich wie selbstverständlich auf der Bühne, die Sängerin beeindruckte mit ihrer unverwechselbaren Stimme, die mal tief und sanft, mal kraftvoll und dreckig klingen kann, das gesamte Publikum. Mitsingen fiel allerdings etwas schwer, denn wer kann schon mit der Stimme von Scarlet Dorn mithalten? Trotzdem war zu hören, wie viele textsichere Fans vor Ort waren und alle ließen sich durch die Freude der Band am Spiel mitreißen. Songs wie „Heavy Beauty“, „I’m Armageddon“ und „Dream on“ gehen einfach direkt in Herz, Beine und Stimmbänder, man kann einfach nicht stillstehen dabei. Krönender Abschluss dieses herausragenden Auftritts war dann der Songs „Cinderella“, der vom Publikum gefeiert wurde und Scarlet Dorn mit tosendem Applaus das 40-minütige Set beenden ließ.

Set-List Scarlet Dorn

  • Hold to me
  • Heavy Beauty
  • I’m Armageddon
  • Dream on
  • Hell hath no fury
  • Snow Black
  • I don’t know
  • Rain
  • Cinderella

20 Minuten hatte das Publikum nun Zeit, um sich auf das folgende vorzubereiten, denn die nächsten zwei Stunden würden den Fans alles an Energie abverlangen. Um 21 Uhr war es so weit: Niklas Kahl, Claas Grenayde, Pi Stoffers, Gared Dirge, und the Lord himself – Chris Harms – betraten unter tosendem Applaus die Bühne und „On this Rock I will build my Church“ donnerte los. Dass die „Thornstar“-Tour nicht einfach nur so nach dem Album benannt ist, zeigte sich an den vielen neuen Songs, die im Set vorhanden waren. So konnte man auch „Loreley“, „Morgana“, „Naxxar“, „Black Halo“, „Under the sun“, „Haythor“ und „Ruins“ live erleben. Daneben gab es noch Klassiker wie „Blood for Blood“ und „Sex on legs“ sowie Songs vom Empyrean-Album wie „Drag me to hell“ und „Doomsday Disco“.

Bericht: Lord of the Lost - Thornstar Tour - Essigfabrik Köln - 12.10.2018

Blockweise donnerten die Songs auf das Publikum ein, drei/vier Songs hintereinander ohne Pause, ohne Luftholen. Es war der reinste Hexenkessel. Zwischen diesen Blöcken dann erzählte Chris: wie kurz der Tourblock vor dem Aus stand, dass es noch nie so voll war bei einem ihrer Konzerte in Köln, welche Herausforderungen Songs wie „Ruins“ für die Band darstellte („deswegen hat Pi auch nur drei Saiten, von denen er eh nur eine braucht“) und immer wieder animierte er das Publikum zu noch mehr Ekstase. Jeder einzelne Song wurde von den Fans nicht nur gefeiert, sondern auch textsicher mitgesungen, einer der Höhepunkte war da sicherlich Refrain von „Prison“, bei dem Chris gar nicht singen musste.

Ein weiterer Höhepunkt des Abends und der gesamten Tour ist aber einer der ruhigsten Songs, die gespielt werden: „Cut me out“ in der Naked-Version. Eigentlich steht dabei nur Chris mit Akustik-Gitarre auf der Bühne. Dank Gips-Arm geht das nun aber nicht mehr, Unterstützung gibt es also von Pi. Der Spot bleibt aber auf Chris, der mit noch mehr Gefühl als sonst diesen hervorragenden Songs vorträgt, stimmsicher trotz der härteren Töne zuvor. Da bleibt Gänsehaut nicht aus. Dies ist auch der einzige Moment, in dem Publikum und Band kurz mal ausruhen können. Denn die sonst übliche Pause, wenn die Band die Bühne verlässt, dann völlig überrascht ist, wenn das Publikum eine Zugabe verlangt und die Band dann wirklich völlig überraschenderweise noch mal weiter spielt – diese Pause wird es bei Lord of the Lost nicht mehr geben. Sie finden es schlicht unsinnig, die Zeit könne man doch viel besser nutzen und einfach einen Song mehr spielen.

Und so ging es gnadenlos weiter im Set, die Jungs werfen einen Song nach dem anderen aus und insgesamt 23 Werke konnte man so an diesem Abend live erleben. Der sonst frenetische Zwischenapplaus bei der Zugabe-Geschichte blieb aber auch hier nicht aus: nach grandioser Live-Performance zu „Forevermore“ kam Chris vor lauter Jubel kaum zu Wort. Nur kurz kam Stille auf, denn aus dem Publikum wurde danach gefragt (auf englisch), warum denn nicht „Black Lolita“ gespielt würde. Die Antwort brachte alle zum Lachen: „it is our artist’s freedom to decide which songs we want to play“ und das in perfektester Diva-Art inklusive Pose. Mit “Lighthouse” endete dieses zweistündige Spektakel schließlich.

Set-List Lord of the Lost

  • On this rock I will build my church
  • Loreley
  • Morgana
  • Full Metal Whore
  • Sex on Legs
  • Naxxar
  • Black Halo
  • Drag me to hell
  • Prison
  • Under the Sun
  • Haythor
  • Ruins
  • Dry the rain
  • Six feet underground
  • Cut me out (naked version)
  • Go to hell
  • Bad Romance
  • Doomsday Disco
  • Die Tomorrow
  • La Bomba
  • Forevermore
  • Lighthouse

Man kann Lord of the Lost nicht genug Respekt zollen: von Anfang bis Ende geben die Jungs volle Power und zeigen eine Energie auf der Bühne, die ihresgleichen sucht. Dass Chris dieses Programm trotz der frischen Verletzung durchzieht, ist absolut verneigenswert. Und dass Lord of the Lost dann immer noch in der Lage ist, nach der Show für Autogramme raus zu kommen und für die Fans da zu sein, verdient Hochachtung.

Und das aller Beste: Erstens ist die Tour noch längst nicht vorbei, sie steht ja gerade erst am Anfang, und zweitens nähert sich das Jubiläum. 10 Jahre Lord of the Lost, gefeiert mit einer Doppelshow der Rock- und Ensemble-Formation im Dezember 2019. Ein Highlight und absolutes Muss für alle Fans.

Über den Autor

Nina Hermes

? Fotografin: Amselblick